Am 26. Januar 2022 hat sich der BGH erstmals damit befasst, ob einem Versicherungsnehmer Ansprüche aus einer Betriebsschließungsversicherung wegen einer im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie erfolgten Schließung seines Betriebs zustehen.
Bereits zuvor befassten sich unzählige Gerichte mit diesem Problem, wobei die Urteile hierzu durchaus unterschiedlich ausfielen. Im Mittelpunkt steht meist die Frage, ob Versicherungsschutz für eine Corona-bedingte Betriebsschließung besteht, obwohl die Versicherungsbedingungen zum damaligen Zeitpunkt den SARS-CoV2-Virus nicht explizit als meldepflichtige Krankheit oder Krankheitserreger aufführten.
Nahezu sämtliche Betriebsschließungsversicherungen bieten Versicherungsschutz für den Fall, dass die zuständige Behörde aufgrund des Infektionsschutzgesetzes beim Auftreten sog. meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger den versicherten Betrieb schließt. Als Definition einer meldepflichtigen Krankheit findet sich sinngemäß regelmäßig der folgende Absatz:
„Meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen sind die folgenden im Infektionsschutzgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger: […]“
Zum Zeitpunkt der ersten Betriebsschließungen im März 2020 war der SARS-CoV2-Virus jedoch weder explizit in den Versicherungsbedingungen, noch namentlich in den §§ 6 und 7 IfSG als meldepflichtige Krankheit aufgeführt.
Die überwiegende Auffassung in Literatur und Rechtsprechung verneinte einen Versicherungsschutz, da die Regelung in den Versicherungsbedingungen bei einer wörtlichen Auslegung und unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen erkennbar abschließend sei.
Einige Gerichte bejahten jedoch den Versicherungsschutz und führten an, der abschließende Charakter der Aufzählung sei nicht hinreichend deutlich erkennbar und es werde insbesondere nicht klar darauf hingewiesen, dass kein Versicherungsschutz für neuartige Krankheiten bestehe. Die Klausel verstoße demnach gegen das Transparenzgebot und sei unwirksam.
Der BGH hat die Revision zurückgewiesen und damit die Entscheidung des Berufungsgerichtes bestätigt.
Eine Betriebsstilllegung zur Verhinderung der Ausbreitung der Krankheit COVID-19 oder des Erregers SARS-CoV-2 sei nicht vom Versicherungsschutz umfasst, da durchschnittliche Versicherungsnehmer dem klaren Wortlaut der Versicherungsbedingungen entnehmen könne, dass die meldepflichtigen Krankheiten und Krankheitserreger abschließend definiert werden. Der erkennbare Zweck und Sinnzusammenhang der Klausel spreche daher für die Abgeschlossenheit des Katalogs.
Insofern würde die Klausel nicht gegen das Transparenzgebot verstoßen und damit der AGB-Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 und 2 BGB standhalten.
Was bedeutet das für die Praxis?
Für alle derzeit noch anhängigen Verfahren wird diese Entscheidung richtungsweisend sein. Eine Überraschung ist die Entscheidung allerdings nicht, hatten doch bereits knapp 90 % der erstinstanzlichen und sogar 95 % der Berufungsurteile zu Gunsten der Versicherer entschieden.
Für zukünftige Schadensfälle wird die Entscheidung kaum eine Rolle spielen, denn die Versicherungspolicen werden regelmäßig erneuert und sind nunmehr angepasst worden. Darüber hinaus ist der SARS-CoV2-Virus als meldepflichtiger Krankheitserreger in § 6 IfSG aufgenommen, sodass inzwischen auf beiden Seiten Gewissheit besteht.